Schadensituation
Brandschäden an großen Wohn- und Apartmenthäusern aus Holz in den USA zeigen, dass Gebäude, die in Holzbauweise errichtet wurden, zwar weniger schnell einstürzen, jedoch eine hohe Brandlast aufweisen und deshalb tendenziell zu einem Groß- bzw. Totalschaden neigen, wenn das Feuer nicht frühzeitig entdeckt und gelöscht werden kann,4 bzw. keine weiteren vorbeugenden Brandschutzmaßnahmen, wie Sprinkleranlagen, installiert sind.5
Der Brand entsteht in der Regel nicht durch die Verwendung von Holz in der Gebäudekonstruktion, sondern resultiert aus Entstehungsbränden durch das Interieur in einem solchen Gebäude. Typische Brandursachen bei Wohnungsbränden sind:6
- Kochen,
- Heizungsanlagen,
- elektrische Verteilungs- und Beleuchtungsanlagen,
- vorsätzliche Brandlegung und
- Rauchen.
Hinzu kommt, dass die Brandlast in den Wohngebäuden durch die Inneneinrichtung, beispielsweise Verwendung von Kunststoffen, Textilien, Matratzen, gepolsterten Möbeln und weiteren brennbaren Materialien, in den letzten Jahrzenten deutlich gestiegen ist.7
Wird ein Entstehungsbrand nicht frühzeitig entdeckt und erfolgreich bekämpft, besteht die Gefahr, dass der Brand auf die Gebäudekonstruktion übergreift und zu einem Vollbrand führt.8
Wertet man verfügbare Brandstatistiken aus, zeigt sich, dass die Baukonstruktion sowie die hierfür verwendeten Materialien und Baustoffe einen signifikanten Einfluss auf den Brandverlauf und das Schadenausmaß haben. Insbesondere brennbare Baustoffe und Bauteile, hierzu gehört u. a. neben Kunststoffmaterialien Holz, sind dabei auffällig und tragen zu signifikanten Versicherungsschäden bei, wie Schadenberichte zeigen.
Belastbare, öffentlich verfügbare Schadenstatistiken, die sich auf Holzgebäude fokussieren, sind weitgehend nicht vorhanden. Einen Anhaltspunkt für das Schadengeschehen sowie deren Folgen können aber aus Sachversicherungsangeboten, z. B. im Internet, herausgelesen werden, wo in der Regel Holzgebäude eine höhere Versicherungsprämie bedingen, d. h., Gebäude aus Holz oder mit Holzkonstruktionsbestandteilen werden kritischer beurteilt als konventionelle massive Gebäude, z. B. mit Mauerwerkswänden. Im Vergleich zu einem Gebäude mit z. B. Mauerwerkswänden beträgt der Prämienfaktor 2,4 für Holzgebäude. Ähnliches gilt für die Versicherung von Leitungswasser. Dort kann man einen Unterschied bis zu einem Faktor von 1,2 feststellen.
Eine in Kanada durchgeführte Studie, in der Gebäude aus Holz mit Gebäuden aus Beton verglichen wurden, bestätigt, dass Gebäude in Holzrahmenkonstruktion ein höheres Brandrisiko sowie größere Probleme durch Wasserschäden bedingen. Diese höheren Risikofaktoren spiegeln sich in höheren Versicherungstarifen für solche Gebäude sowohl während der Bauzeit als auch während der Lebensdauer der Gebäude wider.9
Die Unterschiede in den Prämienfaktoren liegen, soweit dies die Daten hergeben, in der Tatsache begründet, dass Schäden an Holzkonstruktionen nach einem Brand- oder Leitungswasserschaden aufwendiger und damit kostspieliger zu sanieren sind.
Bei einem Brand von freiliegendem Holz bildet sich eine Holzkohleschicht an der Oberfläche, die aufgrund ihrer geringen Wärmeleitfähigkeit zu einem langsameren Abbrennen des Restquerschnitts führt.10 Dabei bleiben die Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften des Restquerschnitts zunächst weitgehend unverändert. Mit zunehmender Branddauer vermindert sich aber der verbleibende Restquerschnitt beispielsweise bei Nadelholz nach DIN EN 1995‑1‑2:2010‑12 um ca. 0,7 mm/min11. Ein Versagen der Holzkonstruktion ist bei ca. 50 % des tragenden Querschnitts der betreffenden Holzbauteile zu erwarten, d. h., bei einem z. B. 10 cm starken Holzbalken wäre das nach etwa 20 Minuten bei einem angenommenen Abbrand von drei Seiten erreicht.12
Zur Sanierung bzw. Reparatur des betroffenen Holzbauteils muss diese Holzkohleschicht abgetragen werden. Dies kann je nach Tiefe der Holzkohleschicht zu einer Querschnittsminderung führen, die im schlimmsten Fall erfordert, das betreffende Holzbauteil auszutauschen. Selbst wenn das Feuer gelöscht werden kann, bevor das Gebäude so weit beschädigt ist, dass es einsturzgefährdet ist, können die verbauten Holzwerkstoffe bereits zu einem gewissen Grad so geschädigt sein, dass sie aus optischen oder statischen Gründen ersetzt werden müssen. Nicht zu vernachlässigen ist, dass durch die Brandfolgeprodukte geruchsintensive Stoffe im Brandraum freigesetzt werden, die sich in den Holzwerkstoffen festsetzen und eine aufwendige Beseitigung bedingen.
Hinzu kommt, dass in der Regel die Feuerwehr mit Wasser löscht, was zu weiteren Schäden an den Holzwerkstoffen führt, denn das Löschwasser dringt in das Holz ein und muss aufwendig nach einem Brand wieder aus dem Holz entfernt werden, da es sonst zu Fäulnis, Schimmelbildung und letztlich zu einem Totalschaden kommen kann, wenn die Sanierungsmaßnahmen den Wert des Gebäudes überschreiten.
Generell reagieren Baustoffe und Komponenten auf Holzbasis empfindlich auf Nässe und Feuchtigkeit. Abseits von den Folgen eines möglichen Brandes sind auch Schäden durch Wasserleckagen, z. B. wasserführende Rohrleitungen, oder Feuchtigkeit problematisch. Hinzu kommt, dass Leckage- bzw. Feuchtigkeitsschäden nur mit erheblicher Verzögerung festgestellt werden – meistens erst, wenn sich das Holz schon mit Wasser oder Feuchtigkeit vollgesogen hat. Als Folge ist eine aufwendige und kostspielige Trocknungs- und Sanierungsmaßnahme erforderlich. Kann die Feuchtigkeit nicht vollständig aus den verbauten Holzelementen entfernt werden, kann es zu Fäulnis und Schimmelbildung und zu einem kompletten Austausch der betroffenen Holzbereiche bzw. bis hin zum Totalverlust des Gebäudes kommen. Die Erfahrung zeigt, dass die Schäden an einem in Holzbauweise errichteten Gebäude nach einem Wasserschaden wesentlich höher sind als bei einem konventionellen Gebäude.
Die Feuerwiderstandsdauer von Holzbauteilen wird oft entweder durch Verkleidungen der Holzbauteile mit nicht brennbaren Materialien erhöht oder die Entzündbarkeit und Brennbarkeit von Holz durch die Behandlung mit chemischen Stoffen beeinflusst. Manche der verwendeten Imprägniermittel können negative Auswirkungen auf den menschlichen Organismus haben.
Holzgebäude benötigen ebenso wie Gebäude aus Stahl und Beton eine Dämmung, um energieeffizient zu sein. Zur Einhaltung der energetischen Standards werden sie häufig mit brennbaren Materialien gedämmt (z. B. Dämmstoffe aus Polystyrol, Polyurethan oder vermehrt mit natürlichen Dämmstoffen wie getrockneten Naturfasern, Stroh, Getreide). Sollte ein Brandeintrag in die brennbare Isolierung von Holzwänden und ‑decken erfolgen, hat eine Feuerwehr Probleme, einen solchen Brand erfolgreich zu bekämpfen, da das Feuer sich innerhalb der Dämmung ausbreitet und durch die Löschmittel von außen nicht erreicht werden kann. In solchen Fällen muss sich die Feuerwehr daher oft darauf beschränken, eine Ausbreitung des Feuers auf Nachbargebäude zu verhindern, mit der Folge, dass das betroffene Gebäude vollständig niederbrennt.
Brandschutz bei Wohngebäuden aus Holz
In Europa gibt es zunehmend gesetzliche und behördliche Bestimmungen für den Brandschutz bei Holzgebäuden. Sieht man sich diese Bestimmungen etwas genauer an, ist festzustellen, dass sie sich im Wesentlichen auf den konstruktiven Brandschutz (z. B. Bekleidung von Holzbauteilen zur Ertüchtigung der Feuerwiderstandsdauer und Schutz vor Verkohlung) sowie die Überwachung der Gebäude mit automatischen Brandmeldeanlagen beschränken. Vorbeugende, technische aktive Brandschutzmaßnahmen werden eher vereinzelt empfohlen bzw. vorgeschrieben. Eine Übersicht über die verschiedenen Brandschutzanforderungen an Holzkonstruktionsgebäuden wurde im Jahr 2021 veröffentlicht,13 in der in Abhängigkeit von der maximalen Geschosszahl bzw. Maximalhöhe eines Gebäudes Anforderungen an die Widerstandsfähigkeit von tragenden Elementen in Wohngebäuden gestellt werden. Dabei zeigt sich, dass der vorbeugende Einbau von Sprinklern die Brandschutzanforderungen für Holzbauten erleichtern.
Schadenerfahrungen in den USA, in Kanada sowie anderen Ländern zeigen, dass durch die Installation von Sprinklern die Personensicherheit für eine ungefährdete Flucht erhöht als auch der Schaden an dem Gebäude deutlich reduziert werden kann.14 Daher sollte bei der Planung von Holzgebäuden schon von Beginn an die Installation einer Sprinkleranlage geprüft werden. Insbesondere wenn sich gefahrerhöhende Bereiche in den Holzgebäuden befinden, sollte die Installation von Sprinklern eingesetzt werden. Beispiele für solche gefahrerhöhenden Bereiche sind:
- Tiefgarage
- Unterbringung von E‑Fahrzeugen (z. B. E‑Bikes, E‑Autos)
- Nutzung des Erdgeschosses für Geschäfte, Restaurants und weitere gewerbliche Unternehmen
Neben der Begrenzung eines möglichen Brandschadens kann auf diese Weise auch die für ein Holzgebäude eventuell erforderliche Versicherungsprämie deutlich reduziert werden.
Bei der Planung des Brandschutzes in Gebäuden sind zwei verschiedene Phasen eines Brandszenarios in Bezug auf die verwendeten Baustoffe, Bauteile und Konstruktionen zu berücksichtigen:
- Entstehungsbrand
- voll entwickelter Brand
Beim Entstehungsbrand ist der Gebäudeinhalt, z. B. Möbel, sowohl für die Brandentstehung als auch für die Brandentwicklung maßgeblich. Diese wird aber in den Bauvorschriften üblicherweise nicht geregelt.
Im voll entwickelten Brand, d. h. nach einem Flashover in einem Raum, ist die Feuerwiderstandsdauer der tragenden und trennenden Konstruktionsstrukturen wichtig, um den Brand auf den betroffenen Raum oder Bereich zu begrenzen bzw. die Standsicherheit des Gebäudes zu gewährleisten. Insofern ist es wichtig und richtig, dass die Bauvorschriften für Holzgebäude ein besonderes Augenmerk auf die Feuerwiderstandsdauer tragender Holzbauteile sowie raum‑/ bereichsabschließender Holzwände legen. Dennoch ist festzuhalten, dass Holz spätestens im Vollbrand signifikant zum Brandgeschehen beiträgt. Daher ist es angeraten, durch weitere vorbeugende technische Brandschutzmaßnahmen die Brandfolgeschäden bei einem Holzgebäude zu reduzieren.
Mögliche technische Brandschutzmaßnahmen
Die Brennbarkeit von Holz ist einer der Hauptgründe, warum viele Bauvorschriften die Verwendung von Holz als Baustoff stark einschränken. Neben dem konstruktiven Brandschutz kommt deshalb insbesondere dem vorbeugenden technischen Brandschutz eine besondere Rolle zu, mögliche Brände zu bekämpfen bzw. zu löschen und die Schadensfolgen zu minimieren.
Brandmeldeanlagen
Spricht man mit Bauplaner und Architekten, werden im Bereich möglicher aktiver vorbeugender Brandschutzmaßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland insbesondere automatische Brandmeldeanlagen als eine wirksame Brandschutzmaßnahme angesehen, während Sprinkler als nicht erforderlich, zu teuer oder als nicht durchsetzbar beim Bauherrn angesehen werden.
Automatische Brandmeldeanlagen nehmen sicherlich eine zentrale Stellung im anlagentechnischen Brandschutz ein, sie können aber selbst eine Brandentstehung nicht verhindern oder einen Brand löschen. Ihre Aufgaben bestehen darin,
- entstehende Brände möglichst früh zu erkennen,
- die Hilfe leistende Stelle (z. B. die Feuerwehr) zu informieren,
- Personen, die sich im Gebäude befinden, zu warnen,
- Brandschutzeinrichtungen anzusteuern sowie
- der Feuerwehr den gewaltfreien Zugang zum Gebäude und die schnelle Ortung des Brandortes zu ermöglichen.
Häufig werden in behördlich Brandschutzkonzepten Brandmeldeanlagen als Kompensationsmaßnahme für Defizite oder Abweichungen im baulichen Brandschutz gefordert. Hierbei geht es fast immer um den Personenschutz. Aus Sicht des Sachschutzes sind sie nur insofern hilfreich, dass sie bei einer entsprechenden Direktschaltung zu einer Hilfe leistenden Stelle schnellstmöglich Löschkräfte herbeirufen, z. B. die örtliche Feuerwehr, die je nach Brandfortschritt ggf. noch durch die frühzeitige Alarmierung die Möglichkeit erhält, durch einen Innenangriff den Brand erfolgreich zu bekämpfen. Dies setzt aber voraus, dass die Feuerwehr auch innerhalb kürzester Zeit vor Ort ist und die Brandbekämpfung aufnehmen kann, denn bis zum Eintreffen der Löschkräfte entwickelt sich der Brand ungehindert weiter. Wie reale Brandfälle zeigen, ist die Zeit für einen schnellen Löscherfolg der Feuerwehr begrenzt. Oft ist schon nach kurzer Zeit der Brand so weit fortgeschritten, insbesondere wenn das Gebäude brennbare Baustoffe und Bauteile aufweist, dass ein Innenangriff nicht mehr möglich ist und die Feuerwehr sich auf den Schutz der Nachbarräume und ‑gebäude konzentrieren muss. Dabei ist entscheidend, dass die Nachbarabschnitte bzw. Nachbargebäude durch feuerwiderstandsfähige konstruktive Maßnahmen, z. B. Brandwände nach Musterbauordnung15 VdS 2234 „Brand- und Komplextrennwände, Merkblatt für die Anordnung und Ausführung“16 abgetrennt sind.
Um die Wirksamkeit von automatischen Brandmeldeanlagen zu gewährleisten, sollten sie gemäß den einschlägigen technischen Regelwerken, insbesondere VdS 2095 (Planung und den Einbau von Brandmeldeanlagen (BMA))17 oder einer vergleichbaren Richtlinie von einem Fachunternehmen geplant und errichtet sowie nach dem Einbau regelmäßig auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.
Im Gegensatz zu Brandmeldeanlagen sind in den Gebäuden installierte Erstbrandbekämpfungsanlagen in der Lage, einen Entstehungsbrand schon innerhalb der ersten Minuten aktiv zu bekämpfen, ggf. einzudämmen oder sogar zu löschen, bis die Feuerwehr vor Ort eintrifft. Insbesondere verbreitet und bewährt haben sich automatische Sprinkleranlagen, insbesondere auch in Holzgebäuden. Während Sprinkleranlagen in Privathaushalten in vielen europäischen Ländern und den USA zum Standard gehören,18 sucht man sie in deutschen Wohngebäuden vergeblich.
Sprinkleranlagen
Sprinkleranlagen dienen dazu, einen beginnenden Brand bereits in der Entstehungsphase zu bekämpfen und auf einen Raum zu begrenzen, sodass eine Alarmierung und sichere Evakuierung anwesender Personen ermöglicht wird. Gleichzeitig wird bei einer Direktdurchschaltung die Feuerwehr alarmiert. Sprinkleranlagen sind selbsttätige Sprühwasserlöschanlagen. Ihre Aufgabe ist es, einen Brand im Entstehungsstadium aktiv zu bekämpfen, auf den Ausbruchsherd begrenzt zu halten und so der herbeigerufenen Feuerwehr in ihrem ultimativen Löschangriff zu unterstützen, die die Ausbreitung eines Brandes in der Anfangsphase verhindern sollen. Wichtige Bestandteile einer solchen Anlage sind neben den Sprinklern ein unter Druck stehendes Rohrleitungsnetz, das alle zu schützenden Gebäudeteile durchzieht, sowie eine eigene gesicherte Wasserversorgung. Da der Sprinkler nur über der Brandquelle auslöst, wird nur lokal gelöscht; das Feuer kann sich nicht so schnell ausbreiten, bis die Feuerwehr eintrifft.
Von Architekten, Planern und Betreibern wird der Einbau einer Sprinkleranlage oft im Vorfeld einer Planung nicht betrachtet bzw. immer wieder abgelehnt. Dabei werden immer wieder die gleichen Argumente ins Feld geführt, der verursachte Wasserschaden sei viel zu hoch und im Übrigen sei die Installation einer Sprinkleranlage nicht mit dem Design der Innenräume zu vereinbaren. Was aber immer wieder vergessen wird: In über 90 % aller Brände greift die Feuerwehr zur Brandbekämpfung auf Wasser zurück. Dabei sind die eingesetzten Wassermengen ein Vielfaches dessen, was durch eine Sprinkleranlage versprüht wird. Als Folge ist festzuhalten, dass eine Brandschadenbekämpfung durch die Feuerwehr einen deutlich höheren Schaden insbesondere durch die viel größeren Wassermengen verursacht. Erfahrungsgemäß liegt der Wasserverbrauch ca. 90 % höher als bei einer Brandbekämpfung durch eine automatische Sprinkleranlage,19 d. h., der Wassereinsatz – also Sprinkler und Feuerwehr addiert – ist erheblich geringer. Dies wird auch durch die Schadenerfahrungen der Sachversicherer bestätigt; insgesamt ist der Brandschaden und damit die zu entschädigenden finanziellen Schadenaufwendungen in mit einer Sprinkleranlage geschützten Gebäuden in der Regel deutlich geringer.
Sprinkleranlagen in Wohnbereichen
Sind Sprinkleranlagen im gewerblichen und industriellen Brandschutz häufiger im Einsatz, werden sie im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland nie oder nur in Einzelfällen als eine alternative Brandschutzmaßahme im Wohnbereich angesehen. Dabei bilden sie gerade dort – insbesondere in Gebäuden, die aus brennbaren Baustoffen errichtet wurden, z. B. Holzgebäuden – eine hervorragende Möglichkeit, einen größeren Folgeschaden durch einen Brand zu verhindern. Dazu wurden spezialisierte Sprinkleranlagen entwickelt, die die besonderen Eigenschaften und Anforderungen in Wohnbereichen/ Wohngebäuden berücksichtigen. Diese Sprinkleranlagen kommen insbesondere in
- privaten Wohnbereichen (Ein- oder Zweifamilienhäusern, Reihenhäusern, Ferienhäusern),
- Apartments, Wohnungen,
- Pflege- und Betreuungsinstitutionen (Altenheimen, Fachkliniken, Krankenhäusern, betreutes Wohnen usw.),
- Hotels, Motels usw.,
- Wohnheimen, Kindergärten, Schulen
zur Anwendung.
Für die Planung und den Einbau wurden spezielle technische Richtlinien für den Einsatz in Wohn- und Pflegebereichen entwickelt,20 die die Besonderheiten in diesen Bereichen berücksichtigen. Diese Sprinkleranlagen bieten den Vorteil, dass große Schutzflächen bei geringen erforderlichen Wassermengen mit Löschwasser abgedeckt werden.
Eine Sprinkleranlage für Wohnbereiche besteht aus einer Wasserversorgung und einer oder mehreren Sprinklergruppen. Jede Gruppe besteht aus einer Einrichtung zur Alarmgebung bei Auslösen eines Sprinklers (Alarmventilstation) sowie eines Rohrnetzes mit daran installierten Sprinklern. Die Sprinkler werden an vorgegebenen Stellen unter Dächern oder Decken bzw. Wänden eingebaut. Dabei kommen Sprinkler zum Einsatz, die speziell für den Einsatz in Wohnbereichen entwickelt wurden. Die Sprinkler öffnen bei festgelegten Temperaturen, um Wasser auf die vom Brand betroffenen Teilflächen zu sprühen. Der Wasserstrom durch die Alarmventilstation löst einen Brandalarm aus. Üblicherweise beträgt beispielsweise gemäß den Richtlinien des VdS 2896 „Sprinkleranlagen für Wohnbereiche – Planung und Einbau“21 die Mindestwasserbeaufschlagung je nach Brandlast und Gebäudesituation zwischen 2,25 mm/Minute und 5 mm/Minute bei einer Mindestbetriebszeit zwischen zehn bis dreißig Minuten. In der Regel öffnet nur der Sprinkler, der dem Feuer am nächsten ist, und sprüht Wasser direkt auf das Feuer, während der Rest des Hauses trocken und sicher bleibt. Berichten zufolge wurde bei ca. 85 % von Haus‑ / Wohnungsbränden nur ein Sprinkler oder zwei aktiviert.22 Die mögliche Schutzfläche je Sprinkler beträgt je nach Gebäudetyp zwischen 12 m² und 21 m². Die dafür notwendige Wasserversorgung der Sprinkleranlage wird in der Regel über das öffentliche Wassernetz bereitgestellt. Aber auch andere Wasserversorgungen wie Wasserbehälter, Zwischenbehälter oder Druckluftwasserbehälter können als Wasserquelle infrage kommen. Ggf. wird auch eine Pumpe benötigt, wenn der Wasserdruck zur Speisung der Sprinkler nicht ausreicht.
Um eine möglichst hohe Wirksamkeit zu garantieren, sollte sie gemäß VdS 2896 durch anerkannte Errichter unter Verwendung anerkannter Bauteile geplant und errichtet werden. Eine weitere Norm ist „NFPA 13D, Standard for the Installation of Sprinkler Systems in One- and Two-Family Dwellings and Manufactured Homes“,23 die insbesondere in den angloamerikanischen Ländern als Grundlage dient.
Alle Bereiche eines Gebäudes oder mindestens einer Nutzungseinheit sind mit Sprinklerschutz zu versehen um effektiv zu sein. Zwischen gesprinklerten und ungesprinklerten Nutzungseinheiten, Gebäuden oder Gebäudeteilen sind entsprechende Bauteile mit einer Feuerwiderstandsdauer von mindestens 30 Minuten vorzusehen, um ein Übergreifen des Brands auf die Nachbarbereiche zu verhindern. Darüber hinaus sollte die Sprinkleranlage in regelmäßigen Abständen nach der Errichtung durch eine zuständige Revisionsstelle auf ihren Zustand überprüft sowie festgestellte Mängel möglichst zeitnah behoben werden.
Durch den Einbau einer Sprinklernlage kann möglicherweise auf einige konstruktive Brandschutzanforderungen – z. B. feuerhemmende Wände innerhalb von Raumgruppen, feuerwiderstandsfähige Verglasungen oder selbstschließende Türen innerhalb von Raumgruppen – verzichtet werden. Dies zeigt deutlich, dass Sprinkleranlagen auch im Hinblick auf die Ertüchtigung und Ausführung des baulichen Brandschutzes einen großen Vorteil bieten.
Bezüglich der häufig geäußerten Befürchtung von Leckagen durch Sprinkleranlagen zeigt die Praxis, dass Lecks sehr selten sind und nicht wahrscheinlicher als Lecks in anderen wasserführenden Rohrleitungen eines Hauses. Sprinkler für den Einsatz in Wohnbereichen sind kalibriert, um sich zu aktivieren, wenn sie eine signifikante Temperaturänderung – typischerweise bei 135°F bis 1.65O°F (57° bis 79° Celsius). Sprinkler lösen nicht durch Rauch, Kochdämpfe, Dampf oder das Geräusch eines Rauchmelders aus.24
Festzuhalten ist, dass heutzutage Sprinkleranlagen für Wohnhäuser/ ‑räume sehr unauffällig integriert werden können und die Ästhetik eines Raums nicht stören. Sie können bündig in Wände oder Decken eingebaut werden und lassen sich hinter dekorativen Abdeckungen verstecken.
Bemerkungen für die Sachversicherung
Statistiken der Versicherer belegen, dass Gebäudekonstruktionen unter Verwendung von Holz einen signifikant höheren Schadenbedarf als Gebäude in konventioneller massiver Bauweise benötigen. Daher ist es auch für einen Wohngebäude- bzw. Gewerbeversicherer, wie in der Industriesachversicherung, entscheidend, die Bauart eines zu versichernden Gebäudes zu kennen. Diese bezieht sich im Falle von Holzgebäuden nicht nur auf die zu versichernde Feuergefahr, sondern auch auf die Gefahr durch Leitungswasser.
Es ist zu empfehlen, vor Abschluss eines Versicherungsvertrags die Bauart des Gebäudes im Detail zu erfassen. Auch sollte berücksichtigt werden, ob das Gebäude flächendeckend über technische vorbeugende Brandschutzmaßnahmen verfügt. Eine installierte automatische Brandmeldeanlage, die die Löschkräfte bei einem Entstehungsbrand automatisch alarmiert, ist zwar eine erste gute Brandschutzmaßnahme, einen deutlich größeren Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, einen Großbrand zu verhindern, bietet eine installierte Sprinkleranlage. Nur sie kann bei richtiger Planung und Errichtung einen Entstehungsbrand automatisch von Beginn an bekämpfen, bis die Löschkräfte eintreffen. Somit bieten Sprinkleranlagen neben einer erhöhten Personensicherheit, dass anwesende Personen ungehindert und ungefährdet ins Freie gelangen können, einen maßgeblichen Schutz vor einem Groß- bzw. Totalschaden des Gebäudes.
Zusammenfassung
Im globalen Trend werden zunehmend Gebäude aus Holz bzw. Holzwerkstoffen sowohl im privaten als auch gewerblichen Bereich errichtet. Sie sollen die bisher üblichen konventionellen Baustoffe und Materialien ersetzen, da sie sowohl aus ökologischer Sicht als auch aus Kostengesichtspunkten Vorteile gegenüber herkömmlichen Baustoffen wie Stahl und Beton bieten.
Holz ist brennbar und normal entflammbar. Schon bei 200° bis 350° Celsius beginnt sich Holz, je nach Holzart, zu zersetzen. Freiliegendes Holz trägt schon frühzeitig zum Brandgeschehen bei und liefert bei einem voll entwickelten Brand ausreichend Brandstoff. Bei Holzgebäuden sind die einhergehenden Risiken mit zu betrachten und es sollte versucht werden, sie durch vorbeugende Schadenverhütungs- und Minderungsmaßnahmen, z. B. durch den Einbau von Sprinkleranlagen, zu reduzieren, denn Gebäude aus Holz gehen mit besonderen Herausforderungen für die Feuerwehr, aber auch für die Versicherungsindustrie einher. Es wird die künftige Herausforderung sein, durch Maßnahmen, die über den konstruktiven und organisatorischen Brandschutz hinausgehen, die möglichen Risiken zu reduzieren.