Bereits mehrfach wurde in BUaktuell das Thema Industrie 4.0 unter die Lupe genommen. In diesem Beitrag möchten wir die Fragen: „Wie digital ist unsere Arbeit bereits heute?“, „Welche Konsequenzen sind für den Arbeitsmarkt zu erwarten?“ und „Wie sehr verändern sich traditionelle Berufe?“, in den Mittelpunkt unserer Erörterungen rücken.
Ein Blick zurück
Bereits 1964 berichtete der „Spiegel“ in einem Leitartikel über die Automatisierung in Deutschland und die damit verbundenen Folgen für Arbeit und Arbeitsmarkt1. Es wurden verschiedene Szenarien besprochen und über die Zukunft der Arbeit spekuliert. Damals war u. a. von einer drohenden Massenarbeitslosigkeit die Rede. Mehr als 50 Jahre später steht der Arbeitsmarkt vor einem erneuten, revolutionären Wandel.
Am 03.09.2016 titelte der „Spiegel“: „Sie sind alle entlassen! Wie uns Computer und Roboter die Arbeit wegnehmen – und welche Berufe morgen noch sicher sind.“2
Derartige Statements finden sich in den Medien zuhauf:
„Alles, was digitalisierbar ist, wird digitalisiert werden. Alles.“3
oder:
„In 15 bis 20 Jahren wird die Hälfte der Arbeit, so wie wir sie kennen, verschwunden sein. Und in drei bis vier Dekaden wird niemand mehr arbeiten – zumindest nicht für Geld.“4
Weiterhin liest man:
„Die globale Arbeitslosigkeit könnte auf 24 Prozent (oder mehr) im Jahr 2050 steigen“5 bzw. „Computer können Jobs von 4.4 Millionen Deutschen übernehmen“6
Unabhängig davon, ob der Wandel derart einschneidend wird, wie von einigen Experten vermutet, dürfte in der Gesamtschau feststehen, dass die fortschreitende Digitalisierung mit weitreichenden Arbeitsmarkteffekten einhergehen wird. Etwas provokant formuliert es in diesem Zusammenhang die Unternehmensberatung Roland Berger: „Automatisierung vernichtet Arbeit.“7
Allerdings gibt es auch gemäßigtere Stimmen, die die Beschäftigungseffekte der voranschreitenden Digitalisierung differenzierter einordnen. So vertritt Holger Bonin vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) die Auffassung, dass die vierte industrielle Revolution die Arbeitswelt erheblich verändern, die menschliche Arbeitskraft dabei jedoch nicht überflüssig wird.8 Unklar ist zum Beispiel, wie viele Stellen durch die Digitalisierung neu geschaffen werden.
Bevor wir uns mit dem einen oder anderen Zukunftsszenario etwas genauer auseinandersetzen, möchten wir zunächst einen Blick auf die Arbeitswelt von heute werfen und erörtern: Wie ist derzeit der Status quo der Digitalisierung in Deutschland?
Der Status-Quo der Digitalisierung in Deutschland
Wichtige Fragen, die in diesem Zusammenhang zu stellen sind, lauten: Wie weit sind Unternehmen verschiedener Branchen und Größen in Bezug auf die Etablierung und Umsetzung digitaler Technologien und Prozesse? Und wie hoch ist bereits heute der Anteil der Tätigkeiten, die von einem Computer erledigt werden könnten?
Laut einer McKinsey-Studie nutzen deutsche Wirtschaftsunternehmen nur zehn Prozent des Potenzials, das sich ihnen durch die Digitalisierung erschließt.9
Insgesamt hat sich, wie Abbildung 1 zeigt, ein Drittel der Betriebe in Deutschland noch gar nicht mit der Nutzung moderner digitaler Technologien auseinandergesetzt.
Eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWI) aus dem Jahr 2017 misst den Digitalisierungsgrad deutscher Unternehmen.10 Sie hat sich vor allem mit veränderten Geschäftsmodellen, Unternehmensprozessen, neuen Schnittstellen zum Kunden wie auch mit Dienstleistungen durch die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien befasst. Folgende Ergebnisse sind festzuhalten:
- Der durchschnittliche Digitalisierungsgrad deutscher Firmen liegt bei 54 von 100 Punkten. Der sog. Mittelstand ist mit 52 Punkten knapp unter diesem Wert, Großunternehmen, also solche mit mehr als 250 Mitarbeitern, liegen genau im Durchschnitt. Interessant ist, dass Kleinstunternehmen (0 bis 9 Mitarbeiter) auch exakt 54 Punkte haben. Prognostisch wird in diesem Segment das Digitalisierungstempo in den kommenden fünf Jahren allerdings sinken. Als Grund dafür werden die begrenzten finanziellen Mittel genannt.
- Betrachtet man den Digitalisierungsgrad nach Branchen (siehe Abbildung 2), dann zeigt sich, dass die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) als absolute Vorreiterbranche hervorsticht. Für fast 50 % der Unternehmen ist die Nutzung digitaler Technik ein zentraler Bestandteil des Geschäftsmodells. Weitere fast 30 % nutzen bereits solche Technologien oder planen deren Anschaffung.
Insofern verwundert es nicht, dass die IKT in der Studie des Bundeswirtschaftsministeriums mit 75 Punkten einen Spitzenplatz einnimmt. Überdurchschnittlich digitalisiert sind zudem sog. wissensintensive Dienstleister mit 65 Punkten und die Finanz- und Versicherungsdienstleister mit 59 Punkten. Der Handel kommt hingegen mit 54 Punkten nicht über den Bundesdurchschnitt hinaus. Schlusslichter sind die Verkehrs- und Logistikbranche mit 40 sowie das Gesundheitswesen mit lediglich 37 Punkten.
In diesem Zusammenhang möchten wir auch auf den Wirtschaftsindex DIGITAL des BMWI verweisen, nach dem sich die gewerbliche Wirtschaft in Deutschland grundsätzlich in drei Digitalisierungsdimensionen einteilen lässt:
- 27 % der Unternehmen sind „hoch“ digitalisiert
- 49 % der Unternehmen sind „durchschnittlich“ digitalisiert
- 24 % der Unternehmen sind „niedrig“ digitalisiert11
Auch wenn etwa 30 % der Unternehmen in Deutschland nicht selbst digitale Technologien nutzen (s. o.), ist die Entwicklung mit allen Einflussfaktoren und Konsequenzen mittlerweile doch allgegenwärtig.
Wie geht es weiter mit der Digitalisierung?
Blickt man auf die Auswirkungen der Digitalisierung für den gesamten Arbeitsmarkt, so prognostiziert eine im Jahr 2016 für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erstellte Studie für das Jahr 2030 immerhin 250.000 zusätzliche Arbeitsplätze.12
Eine Projektion des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) zeigt hingegen, dass die Anzahl der Arbeitsplätze im Jahr 2030 um etwa 60.000 geringer sein wird als im Referenzszenario, also ohne Industrie 4.0. Im benannten Zeitraum gehen zwar etwa 490.000 Arbeitsplätze verloren, aber es werden auch 430.000 neue geschaffen.13
Wie diese Zahlen tatsächlich auch ausfallen mögen: Die Herausforderung wird u. a. darin liegen, bestehende Mitarbeiter ausreichend zu qualifizieren, um für die Zukunft gerüstet zu sein. In diesem Zusammenhang ist eine sog. „Qualifikationsoffensive“ der Bundesregierung im Gespräch.14
In den Bereichen Datenanalyse, E-Commerce und Social Media wird der Bedarf an Spezialisten steigen. Auch Berufe, die besondere menschliche Fähigkeiten verlangen, wie zum Beispiel Verkaufs- und Marketingmanager, Innovationsentwickler und Kundenberater sind auf dem Vormarsch. Überflüssig werden dagegen klassische Stellen wie Sachbearbeitung und Lohnbuchhaltung. Andererseits entstehen auch komplett neue Berufsbilder.
Abbildung 3 visualisiert anhand einiger exemplarischer Berufsbilder, wie sich die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland entwickeln könnte. Es ist deutlich zu erkennen, dass für Berufe in der Produktion/im verarbeitenden Gewerbe wie auch im Büro ein zum Teil deutlicher Rückgang zu erwarten ist. Demgegenüber werden für Berufe, in denen der Mensch mit seinen individuellen Fähigkeiten im Mittelpunkt steht (z. B. Lehrer, Sozialberufe, Geisteswissenschaften) Zuwächse prognostiziert.
Die Kreisdiagramme (Abbildung 4, „Anteil der Tätigkeiten, die heute schon von Computern erledigt werden können“) zeigen, dass das sog. Substituierbarkeitspotenzial – also die Möglichkeit, Teiltätigkeiten zu digitalisieren – sinkt, je mehr eine Arbeit durch Expertenwissen geprägt ist.
Mit einem hohen Substituierbarkeitspotenzial ist demnach insbesondere in Fertigungsberufen und fertigungstechnischen Berufen zu rechnen, in sozialen und kulturellen Dienstleistungsberufen dagegen mit einem niedrigen Potenzial.
Stand der Digitalisierung heute – Beispiele ausgewählter Tätigkeitsbereiche
Schauen wir uns die „Arbeit in der digitalisierten Welt“ konkret in einigen Berufen genauer an. Beispielhaft haben wir herausgegriffen:
- Den Beruf eines Produktionsmitarbeiters in der Industrie
- Den Beruf des Bankkaufmanns/der Bankkauffrau
- Den Beruf der Friseurin/des Friseurs
1. Produktionsmitarbeiter/-in
Wenn Bauteile eigenständig mit der Produktionsanlage kommunizieren und bei Bedarf selbst eine Reparatur veranlassen oder Werk- und Betriebsstoffe nachbestellen – wenn sich also Menschen, Maschinen und industrielle Prozesse intelligent vernetzen –, dann spricht man von „Industrie 4.0 “.
Ein Beispiel aus der Praxis: Die „FAZ“ titelte in einem Artikel aus November 2016: „Audi will das Fließband abschaffen“15. Statt eines Fließbands gibt es im Audi-Werk in Ingolstadt zukünftig 200 sog. Montageinseln. Die fertige Karosserie wird von Robotern auf einen Transportwagen gepackt, der selbstständig zwischen den Montageinseln hin und her fährt. Stupide – immer wiederkehrende – Arbeiten an den Montageinseln werden von Robotern übernommen. Die Vorteile im Produktionsprozess liegen auf der Hand:
- mehr Flexibilität,
- mehr Produktivität und
- mehr Agilität.
Das „vernetzte“ Fahrzeug auf dem Transportwagen steuert zunächst diejenigen Inseln an, deren Auslastung niedriger ist. Auch wird nicht mehr jede Station angefahren, sondern abhängig von der vom Kunden bestellten individuellen Ausstattung. Bei Modellwechseln und damit notwenigem Umbau muss nicht mehr der gesamte Produktionsprozess gestoppt werden. Die Montageinseln können schneller und effektiver individuell eingerichtet werden. Bei Pannen steht nicht mehr der gesamte Produktionsprozess still. Der Vorteil für die Mitarbeiter: Sie unterliegen nicht mehr der Taktung des Fließbands. Auch ältere und gehandicapte Mitarbeiter können ggf. mithalten. Stupide und wiederkehrende Arbeiten werden von Robotern übernommen.
Ein weiteres Beispiel ist die als „Smartphone statt Schraubenzieher“ bezeichnete Schaffung einer Produktions- oder sog. Ticketmanager-App beim Lampenhersteller Osram. Die App ist das Herzstück der Kommunikation. Jeder produktionsrelevante Mitarbeiter wird damit ausgestattet und erhält zu Arbeitsbeginn ein „Handy“ ohne Telefonfunktion. Fällt eine Maschine aus, wird eine Nachricht an einen Facharbeiter gesendet, der gerade frei ist und den Auftrag ausführen kann. Sollte dieser den Fehler oder Schaden nicht beheben können, drückt er die Buttons „weitergeben“ oder „eskalieren“, womit ein Spezialist angefordert wird. Vorbei die Zeit, wo sich ein Maschinenbediener zu Schichtbeginn an seine Maschine gesetzt und gewartet hat, bis es eine Störung gab, die er beheben musste. Damit verbunden ist eine Auflösung von Hierarchien. Schicht- oder Produktionsleitern kommt keine wesentliche Bedeutung mehr zu. Der einzelne Mitarbeiter wird zum Generalisten, er muss die Funktionsweise aller Maschinen kennen und verstehen.16
Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf die konkreten Tätigkeiten der in den Produktionsprozessen Beschäftigten? Einerseits nehmen körperlich belastende Tätigkeiten zukünftig – je nach Digitalisierungsgrad der Produktion – ab. Vorbei sind ebenfalls die Zeiten von Zwangshaltungen und Tätigkeiten mit Heben und Tragen von schweren Gewichten, wie noch zu Zeiten des Beginns der Industrialisierung. Mit Flexibilität hält zudem eine Eigenschaft der Mitarbeiter in den Produktionsprozess Einzug, die Fließbandarbeitern bisher eher fremd war. Andererseits steigen mit der Digitalisierung die Anforderungen an die Qualifikation sowie die Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter. Zukünftig gefragt sind Spezialisten und Experten. Klassische Hilfstätigkeiten – wie z. B. das Sortieren am Fließband – werden „aussterben“. Der Fabrikarbeiter von einst wird damit zukünftig mehr und mehr zum Kontrolleur der Maschinen und deren Prozessabläufen.
2. Bankkaufmann/-frau
Früher galt eine Lehre zum Bankkaufmann als Königin der Ausbildungsberufe. Erfolgreichen Absolventen standen sämtliche Türen – auch in die Chefetagen – offen. Doch nunmehr liest man immer häufiger Schlagzeilen wie: „Von der Traum-Ausbildung zum Auslaufmodell“17 oder „Der Bankkaufmann hat ausgedient“18.
Die Beschäftigungszahl im Kreditgewerbe ist allein in den letzten zehn Jahren um fast 100.000 Beschäftigte gesunken, wie die Zahlen aus Abbildung 5 zeigen.
Die Gründe sind vielschichtig: Die Finanzkrise spielt ebenso wie Programme zur Kosteneinsparung eine Rolle. Klar ist aber auch: Berater und Sachbearbeiter werden mehr und mehr durch Computer ersetzt. Nach einer repräsentativen Umfrage der Gesellschaft für Qualitätsentwicklung in der Finanzbranche aus August 2016 zum Thema „Digitalisierung“ nutzen ca. 2/3 der befragten Bankkunden digitale Angebote wie Online-Banking oder Apps zur Erledigung ihrer Bankgeschäfte.19 Mit Blockchain oder künstlicher Intelligenz stehen neue Technologien „vor der Tür“, die Zahlungsabwicklungen sicherer und Beratungen fundierter machen sowie zu weiterer Akzeptanz der Kunden in Hinblick auf digitale Angebote beitragen. Dadurch bedingt werden immer mehr Filialen geschlossen. Auch die Verwaltungsprozesse werden zusehends digitalisiert. Niemand muss mehr „händische“ Buchungen vornehmen oder Belege abheften. Der im April 2018 ausgeschiedene Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank AG, John Cyran, hat es zusammengefasst: „Junge Leute werden schon bald den Nutzen einer traditionellen Bank nicht mehr erkennen.“20
Die Bankenbranche ist damit eine Branche, die von der Digitalisierung besonders betroffen ist. Das Substituierungspotenzial der Teiltätigkeiten der Bankkaufleute ist durch neue Technologien hoch. Den klassischen Bankberater in der Filiale an der Ecke wird es auf lange Sicht nicht mehr geben. Gefragter denn je sind hier IT-Spezialisten, die an stabilen Computersystemen arbeiten, Apps weiterentwickeln und so weiter. Aber nicht nur das: In diesem Bereich werden auch neue Berufe entstehen. Ein Beispiel: Der Compliance Officer, der sich innerhalb der Unternehmen um die Einhaltung der legalen Richtlinien bei Arbeitsabläufen und Prozessen kümmert. An ihn werden in seiner Schnittstellenfunktion zwischen Geschäftsleitung und Mitarbeitern hohe Anforderungen – wie Verhandlungsgeschick, Empathie und Durchsetzungsstärke neben diplomatischen Fertigkeiten und Transferfähigkeit – gestellt.
3. Friseur/-in
Mit dem Friseurhandwerk verbindet man nicht unbedingt das Thema Digitalisierung. Denn wer kann sich ernstlich vorstellen, dass zukünftig ein Schneidroboter in Form einer Trockenhaube die handwerklichen Tätigkeiten des Friseurs an der Ecke übernimmt? Eher wenige. Die Älteren mögen sich noch an den Flowbee (der Beginn der Automation im Friseurhandwerk) erinnern – einen Aufsatz für den Staubsauger bei dem die Haare eingesogen und gleichzeitig geschnitten werden – der seit 1988 mit wenig Erfolg vermarktet wird.21 Dieses Beispiel zeigt: Digitalisierung setzt auch Akzeptanz voraus.
Dennoch macht die Digitalisierung auch vor dem Beruf des Friseurs nicht halt. Denn neben der klassischen handwerklichen Tätigkeit des Haareschneidens, -färbens, -frisierens usw. am Menschen bleiben unzählige weitere Teiltätigkeiten, wie die Beratung des Kunden, das Anmischen von Farben, aber auch die Salonverwaltung, die heute schon substituiert werden können.
Zum Beispiel arbeitet die Firma Samsung an einem sog. „Magic Mirror“, einem überdimensionalen Screen, der als Spiegel dient, aber auch mit Standbildern, Texten, Videos usw. in 3D belegt werden kann. Mittels sog. „Augmented Reality“ kann die Frisurenberatung erfolgen, Produktempfehlungen können eingeblendet werden und so weiter. Erstmals hat die Firma Henkel auf der Technikmesse CES in Las Vegas in diesem Frühjahr den „digitalen Frisörsalon“ vorgestellt. Mithilfe eines Scanners wird das Haar der Kunden nach Haarstruktur, Feuchtigkeit und Farbgebung analysiert. Dem Friseur wird dadurch ermöglicht, mittels eines Tablets dem Kunden zu zeigen, wie er mit neuer Haarfarbe aussehen würde. Aber noch mehr: Die Software ist mit Maschinen vernetzt, die gleich die optimalen Pflegeprodukte, aber auch Farbrezepturen zum Färben der Haare zusammenmischen. Intelligente Produktschränke sind mit dem Warenwirtschaftssystem verbunden und bestellen automatisch fehlende Produkte nach. Bezahlt wird über eine Smartphone-App.
Weiteres ist denkbar: Kleine Serviceroboter bringen Kaffee, Tee und Wasser zum Kunden, so wie heute in Krankenhäusern und Altenheimen Roboter bereits die Essensausgabe übernehmen.
Dennoch ist klar zu erkennen: Im handwerklich-praktischen Bereich hat der Beruf bisher wenig Substituierungspotential. Der Friseur wird auch zukünftig seine Tätigkeiten ständig stehend und gehend, in vornübergebeugter Haltung und mit Exposition von chemischen Stoffen – z. B. Haarfärbemitteln – verrichten müssen.
Fazit
Es gibt große branchenabhängige Unterschiede in der Digitalisierung, das zeigen die obigen Beispiele. Fest steht auch, dass der Prozess der Digitalisierung in den nächsten Jahren mit großen Schritten vorangehen wird und damit die Leistungsprüfung in der Berufsunfähigkeitsversicherung zunehmend beeinflusst. So muss man lernen, umzudenken und tradierte Vorstellungen von Berufsbildern loszulassen: Teiltätigkeiten in vielen Berufen werden sich ändern. Einige Berufe werden ganz verschwinden, neue Berufe entstehen.
Viel gewichtiger werden zukünftig bei der Leistungsprüfung von angestellten Versicherten auch die Informationen zum Arbeitgeber, zur Betriebsgröße, zu Arbeitsabläufen und -prozessen sowie zu Maschinen, die eingesetzt werden. Die Abfrage solcher Rahmendaten stand bisher im Zentrum der Prüfung selbstständiger Versicherter zur Einschätzung des Umorganisationspotenzials. Aber nur mit detaillierten Informationen zum Arbeitsumfeld können zukünftig Berufsbilder verifiziert werden.
Einerseits lässt ein hoher Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad vermuten, dass bei vielen Berufsbildern die körperlichen Belastungen sinken. Andererseits steigen die Anforderungen an Flexibilität und Qualifizierung, um sich in der digitalisierten Arbeitswelt zurechtzufinden. Hier sind Unternehmen im Bereich der Aus- und Fortbildung gefragt, aber auch der einzelne Arbeitnehmer, der bereit und in der Lage sein muss, sich den vielfältigen Herausforderungen zu stellen.
Welche Auswirkungen diese Entwicklung auf die Versicherungswirtschaft und insbesondere das hier im Fokus stehende Produkt Berufsunfähigkeitsversicherung hat, werden wir weiter verfolgen.