Lithium-Ionen-Batterien haben bereits ihren Platz als unverzichtbare Energiespender in allen Lebensbereichen erobert. Und ihre Verbreitung wird weiter steigen, denn sie werden als Schlüssel für die Elektromobilität gesehen, mit der in den kommenden Jahren der motorisierte Individualverkehr emissionsfrei und umweltfreundlich gemacht werden soll. Sie ersetzen aber auch die bisherigen mobilen Energiespeicher wie Nickel-Cadmium (NiCd)-, Nickel-Metallhydrid (NiMH)- oder Bleiakkumulatoren in der modernen Kommunikations- und Medientechnik, in Geräten für Haushalt, Werkstatt und Garten sowie in der Medizintechnik. Der Grund für die schnelle Verbreitung von Lithium-Ionen-Batterien liegt in ihrer hohen Energiedichte, der Vielzahl von Ladezyklen ohne nennenswerten Kapazitätsverlust sowie der Toleranz gegenüber teilweiser Ladung und Entladung.
Immer wieder wird aber in den Medien von Bränden im Zusammenhang mit LithiumIonen-Batterien berichtet, die zum Teil recht spektakuläre Auswirkungen hatten. So ereignete sich beispielsweise in Deutschland im Jahr 2012 ein Großbrand in einem Lager für Fahrräder, in dem auch eine große Anzahl Elektrofahrräder mit Lithium-Ionen-Akkus gelagert wurde, der die Feuerwehr vor besondere Herausforderungen stellte und letztlich zu einem Totalschaden in der betreffenden Halle führte.1 Bei einem Brand in einem Lager für Lithium-Ionen-Batterien im Jahr 2014 kam es zu einer Explosion, in deren Verlauf Feuerwehrleute erheblich verletzt wurden.2
Im vorliegenden Artikel sollen nach einer kurzen Übersicht über die Funktionsweise und den Verwendungszweck von Lithium-Ionen-Batterien insbesondere mögliche Gefahren der Lithium-Ionen-Technologie aufgezeigt sowie Schutzmaßnahmen gegen Brände, insbesondere bei der Lagerung, analysiert werden.
Verwendungszweck
Lithium-Ionen-Batterien und -Akkumulatoren sind aus unserer modernen Welt nicht mehr wegzudenken. Neben ihrer Verwendung als Energiespeicher in mobilen Haushaltsgeräten, Elektronik (Handys, Notebooks, tragbare Lautsprecher), Elektrowerkzeugen und -gartengeräten spielen sie eine zunehmend wichtige Rolle in der Elektromobilität, z. B. bei Elektrofahrrädern oder -fahrzeugen. Aber sie werden auch zunehmend in Flugzeugen, Schiffen und Stromspeicheranlagen eingesetzt, denn ihre Energieinhalte sind im Vergleich zu klassischen Batterien und Akkumulatoren um ein Vielfaches größer, wodurch sich aber auch das Schadenausmaß im Brandfall deutlich erhöhen kann.
Die Vorteile von Lithium-Batterien/-Akkus gegenüber konventionellen chemischen Energiespeichern ergeben sich aus den elektrochemischen Leistungsparametern:
- hoher Wirkungsgrad
- geringe Selbstentladung
- kein Memory-Effekt bei den meisten Sekundärbatterien
- große Temperaturspanne
- hohe Zellenspannung
- niedriges Gewicht
Funktionsweise
Lithium-Ionen-Akkumulatoren bzw. -Batterien, die auch als sekundäre Lithium-Ionen-Batterien bezeichnet werden, sind im eigentlichen Sinn chemische Energiespeicher, die mittels einer elektrochemischen Reaktion die gespeicherte Ladung in Form von elektrischer Energie abgeben können.
Ihre Funktionsweise beruht auf dem Austausch von Lithium-Ionen zwischen einer Kathode und einer Anode durch einen Elektrolyten. Beim Ladevorgang wandern dabei positiv geladene Lithium-Ionen durch den Elektrolyten hindurch von der positiven Elektrode (Kathode) zur negativen Anode, während der Ladestrom die Elektronen über den äußeren Stromkreis liefert. Beim Entladevorgang wandern die Ionen von der Anode, wo sie sich beim Laden in eine Kohlenstoffmatrix eingelagert hatten, durch den Separator zur Kathode.
Kathode und Anode können dabei aus verschiedenen Materialien bestehen, z. B. findet man Kathoden aus Lithium-Kobaltoxid, Lithium-Manganoxid oder Lithium-Eisenphosphatoxid und Anoden aus Kohlenstoff, metallischem Lithium und Lithium-Titanat oder amorphem Silizium. Letzteres Anodenmaterial kann deutlich höhere Mengen Lithium-Ionen aufnehmen als die hexagonalen Kohlenstoffstrukturen von Graphit-Anoden.
Besonders flexibel zu konfektionierende und gegen Verformungen widerstandsfähige Varianten sind Lithium-Polymer-Akkus (Li-Po). Sie arbeiten nach dem gleichen Prinzip, sind aber aus Lagen von Kunststofffolien konstruiert.
Gefahren
Lithium-Ionen-Akkumulatoren speichern elektrische Energie und enthalten i. d. R. brennbare Elektrolyte sowie weitere brennbare Bestandteile (u. a. polymere Separatoren, verschiedene in den Elektroden verarbeitete Bindemittel, aber auch das Anodenmaterial, z. B. Graphit).
Im Brandfall verhalten sich Lithium-Ionen-Batterien und -Akkumulatoren daher deutlich anders als Bleibatterien und -Akkumulatoren, NiMH- oder NiCD-Akkumulatoren, deren Elektrolyte auf Wasser basieren.
Obwohl sich in den letzten Jahren die Entwicklungsstandards für Lithium-Ionen-Batterien und -Akkumulatoren stetig verbessert haben, kommt es immer wieder zu Unfällen und Bränden durch eine unkontrollierte Abgabe der in ihnen chemisch gespeicherten Energie durch
- Konstruktionsfehler
- technische Defekte
- unsachgemäße Handhabung wie
- mechanische Beschädigungen durch Fallenlassen, Beschädigung der Schutzummantelung durch spitze Gegenstände oder Verbiegen etc. (innere Kurzschlüsse)
- thermische Belastung durch äußere Erwärmung (innere Kurzschlüsse)
- Überladung (starke Temperaturerhöhung infolge exothermen Vorgangs)
Spezifische Gefahren in der Lithium-Batterien-Technologie sind etwa die Selbstentzündung und heftige Brandreaktionen, die teilweise an ein Kleinfeuerwerk erinnern, in Kombination mit einer schnellen Brandausbreitung. Hierzu gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Videos, die das Brandverhalten anschaulich demonstrieren.3
Neben der unsachgemäßen Handhabung liegt eine weitere Gefahrenquelle in den Batteriezellen und -systemen selbst:
- hoher elektrischer Strom möglich (Temperaturerhöhungen durch Lichtbögen, Kurzschluss etc.),
- im Brandfall möglicher Austritt giftiger und/oder brennbarer Inhaltsstoffe, die ein explosionsfähiges Gemisch bilden können,
- hohe Brandlast der verwendeten Materialien und Komponenten,
- bei Erwärmung/Thermal-Runaway4 plötzliches Bersten von Batterien und Batteriezellen bei Versagen des Sicherheitsventils.
Als typisches Brandszenario für Lithium-Ionen-Batterien und -Akkumulatoren gilt das thermische Durchgehen, auch Thermal-Runaway genannt, das in der Regel seine Ursache in einer elektronischen Fehlfunktion oder einer mechanischen Beschädigung hat. Es beginnt zunächst vergleichsweise unspektakulär: Durch die Oxidation des Elektrolyten erwärmt sich das Batterieinnere auf rund 80 Grad Celsius, wobei in der Zelle Gase und Dämpfe entstehen. Wird dieser Prozess nicht gestoppt, löst dies Folgereaktionen aus. Bei rund 120 Grad Celsius schmilzt der Separator zwischen Anode und Kathode. Es kommt zum Kurzschluss und der thermischen Zersetzung der Kathode. Dabei wird Sauerstoff freigesetzt, der zusammen mit der Wärmeenergie die in Anode, Kathode und Elektrolyt enthaltenen Materialien – vor allem organische Lösungsmittel, Leichtmetalle und Graphit – entzündet. Hierbei können Temperaturen von bis zu 1.000 Grad Celsius erreicht werden.
Das Gefährdungspotenzial von Lithium-Batterien wird, neben dem Produktdesign, maßgeblich durch die Leistung der Module bzw. des Systems selbst bestimmt:
- geringe Leistung (Knopfzellen, Computer, Multimedia, Kleinelektrogeräte) – relativ kleine Gefährdung
- mittlere Leistung (Fahrräder, Gartengeräte, diverse Kleinfahrzeuge) – erhebliches Gefährdungspotenzial
- hohe Leistung (ab 60 V; Elektromobilität, netzunabhängige Großgeräte) – hohes Gefährdungspotenzial
Bei in den USA von FM Global5 und anderen Organisationen6 durchgeführten Versuchen, bei denen die Kartonageverpackungen von Lithium-Ionen-Batterien angezündet wurden, zeigte sich, dass die Batterien ca. 5 Minuten nach den Verpackungen in Brand geraten.
Schutzmaßnahmen
Brände durch unsachgemäßen Gebrauch wie Tiefenentladung, zu hohe Umgebungstemperatur oder Überalterung sollen eigentlich mit verschiedenen Sicherheitsvorkehrungen in der Batterie selbst, im Ladegerät oder im elektrischen Verbraucher verhindert werden. Dazu gehört in erster Linie das elektronische Batteriemanagement, mit dem die Lade- und Entladevorgänge gesteuert werden. Dabei wird nicht nur der gesamte Akku überwacht, sondern jede einzelne der Zellen, aus denen der Speicher zusammengesetzt ist. Die Zellen enthalten ferner eine thermische Sicherung – den Kaltleiter (Positive Temperature Coefficient, PTC), der zu hohe Stromflüsse beim Laden oder Entladen reduzieren soll, den Stromkreisunterbrecher (Circuit Interrupt Device, CID), der den Ladestrom bei einer kritischen Druckerhöhung unterbricht, und ein Sicherheitsventil, das bei einem plötzlichem Druckanstieg das Gas aus der Zelle entweichen lässt, um eine Explosion zu verhindern.7
Dies sind konstruktive Maßnahmen, um Gefahrenzustände von Lithium-Ionen-Batterien zu vermeiden. Sie liegen in der Verantwortung der Hersteller sowie letztlich auch diverser Testinstitute, die die Batterien bzw. die jeweiligen Produkte, die mit Lithium-Batterien betrieben werden, vor ihrer Einführung in den Markt auf ihre Sicherheit überprüfen. Trotzdem kommt es immer wieder zu Fällen, in denen sich erst im Nachhinein ein Gefahrenpotenzial herauskristallisiert (z. B. Samsung Galaxy 7, 2016).8
Während Lithium-Batterien und -Akkumulatoren gemäß den Transportvorschriften als gefährliche Güter eingestuft werden, mit der Folge das für den Transport erhebliche Sicherheitsanforderungen gelten,9 sind bis jetzt keine verbindlichen Vorschriften und Regeln für die Lagerung und den Umgang mit ihnen bekannt.
- Weltweit wurde aber bereits eine Vielzahl von Versuchen durchgeführt, um Erfahrungen über das Gefährdungspotenzial bei der Lagerung von solchen Batterien und Akkumulatoren zu sammeln. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse erlauben schon heute, eine Reihe möglicher Schutzmaßnahmen abzuleiten, die das Gefahrenpotenzial reduzieren können. So hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V., Berlin (GDV), schon frühzeitig mit der VdS 3103 „Lithium-Batterien“ Hinweise für die Schadenverhütung bei der Bereitstellung von Lithium-Batterien in Produktions- und Lagerbereichen veröffentlich; ähnliche Publikationen gibt es auch in anderen Ländern.10 Zusammenfassend kann man folgende Sicherheitsregeln empfehlen:
- bei Lagerung und Verwendung Einhaltung der Vorgaben der jeweiligen Hersteller und der technischen Produktdatenblätter
- Verhinderung äußerer Kurzschlüsse (Schutz vor Kurzschluss der Batteriepole, z. B. durch Verwendung von Polkappen)
- Verhinderung innerer Kurzschlüsse (Schutz vor mechanischen Beschädigungen)
- nicht unmittelbar und dauerhaft hohen Temperaturen oder Wärmequellen aussetzen (z. B. direkte Sonneneinstrahlung)
- Lagerbereiche/-gebäude für Batterien und Akkumulatoren sollten von anderen Bereichen räumlich (mindestens 5 m) oder baulich feuerbeständig abgetrennt werden.
- Mischlagerungen mit anderen Produkten, die einen Brand beschleunigen können, sollten vermieden werden.
- Der Lagerbereich sollte durch eine geeignete Brandmeldeanlage mit Aufschaltung auf eine ständig besetzte Stelle überwacht werden, um eine schnellstmögliche Alarmierung zu gewährleisten.
- Größere Lagerbereiche sollten mit fest installierten, automatisch auslösenden Wasserlöschanlagen, z. B. Sprinkler-/Sprühwasserlöschanlagen geschützt werden. Bei schon vorhandenen Feuerlöschanlagen sollten die Angaben in Bezug auf geeignete Löschmittel in den jeweiligen technischen Produktdatenblättern berücksichtigt werden.
- Bei größeren Lagermengen (belegte Fläche > 60 m² und/oder Lagerhöhen > 3 m) empfiehlt sich auch, die Lithium-Batterien/-Akkumulatoren in geeigneten, nicht brennbaren Transportbehältern oder eigenen feuerbeständig abgetrennten Räumen oder Brandabschnitten zu lagern.
Bei Lagerung im Produktionsbereich sollten zumindest die nachfolgenden Schutzmaßnahmen beachtet werden:
- Begrenzung der Anzahl der gelagerten Lithium-Ionen-Batterien und Akkumulatoren auf das notwendige Minimum („Tagesbedarf“). Am besten sollten sie in geeigneten, nicht brennbaren Transportbehältern zwischengelagert werden.
- Geeignete Feuerlöscheinrichtungen (z. B. Feuerlöscher, Wandhydranten) in ausreichender Anzahl im Nahbereich der Lagerung vorhalten.
- In nicht durch automatische Löschanlagen geschützten Bereichen ist eine bauliche oder räumliche Trennung von mind. 2,5 m zu anderen brennbaren Materialien einzuhalten.
- Beschädigte oder defekte Lithium-Batterien sind aus Lager- und Produktionsbereichen umgehend zu entfernen und bis zur Entsorgung in einem sicheren Abstand in einem nicht brennbaren Behälter oder einem brandschutztechnisch abgetrennten Bereich zwischenzulagern.
- Mitarbeiter sollten über die möglichen Gefahren von Lithium-Ionen-Batterien und Akkumulatoren informiert und über die Möglichkeiten der Erstbrandbekämpfung unterrichtet sein. Vom Grundsatz her können Brände von Lithium-Ionen-Batterien und Akkumulatoren mit dem Löschmittel Wasser beherrscht werden.
Ergänzende Überlegungen aus versicherungstechnischer Sicht
Der Siegeszug der Lithium-Ionen-Batterien und -Akkumulatoren ist auf absehbare Zeit nicht aufzuhalten, da sie ein konkurrenzlos günstiges PreisLeistungs-Verhältnis aufweisen. Sie sind deshalb mittlerweile überall im Alltag zu finden.
Abgesehen von Unternehmen, die solche Batterien und Akkumulatoren herstellen, ergeben sich aus versicherungstechnischer Sicht weitere Gefährdungen überall dort, wo in größerem Umfang Lithium-Ionen-Batterien/-Akkumulatoren verwendet und/oder gelagert werden, insbesondere im Fachhandel für mobile Elektrogeräte, aber auch in Gewerbe- und Industriebetrieben. Aufgrund ihrer besonderen Gefahren sollte man deshalb im Rahmen einer Gefahrenbewertung das Vorhandensein von Lithium-Ionen-Batterien und -Akkumulatoren aufnehmen und die empfohlenen Schutzmaßnahmen ergreifen, ähnlich wie in der Vergangenheit, aber auch noch heute im Rahmen des Risikofragebogens bzw. einer Betriebsbesichtigung die gelagerten und verwendeten Mengen von feuergefährlichen Flüssigkeiten und Gasen abgefragt werden. Gleichzeitig sollten bei festgestellten Defiziten dem Versicherungsnehmer entsprechende ergänzende Schutzmaßnahmen vorgeschlagen werden.